Banken sprechen eine Geheimsprache. Eine, mit der sie sich äußerst erfolgreich von allen Menschen außerhalb der Finanzwelt abgrenzen. Das ist im Grunde genommen kein Problem, solange die beiden Welten nicht miteinander in Berührung kommen. Wenn man dann aber plötzlich als absoluter Laie Lust bekommt, ein Haus zu kaufen, ohne das passende Klein- oder Großgeld cash aus der Tasche zaubern zu können, dann wünscht man sich plötzlich doch, man hätte diesen wundersamen Wesen aus der fernen Bankengalaxie bisher etwas mehr Beachtung geschenkt.
Zumindest ging es mir so, als ich mich letzten Sommer in einem kleinen fensterlosen Raum mit Glaswänden wiederfand, dessen Buchenoptik-Möblierung sich am besten mit den Worten schmucklos und funktional beschreiben lässt und ich in die höflich, aber aufgeregt dreinschauenden Verkäuferaugen des Bankberaters mir gegenüber blickte, hoffend, er würde aus den meinen nicht gleich die tief in meinem Herzen verankerte Überzeugung herauslesen, dass Banken allesamt Verbrecher sind. Nervös sah ich zu dem wunderbaren Mann an meiner Seite herüber, der – und zum ersten Mal dachte ich „leider“ – auch ganz und gar aus meiner Welt kommt, nicht aus der des distanziert, aber aufgesetzt fröhlich wirkenden Bankberaters, aus dessen Pupillen ich eindeutig Eurozeichen hervorblitzen zu sehen meinte.
Ich seufzte innerlich. Dieser bankenüblich verbindliche und zugleich gezwungen lockere Umgangston, die provisionsheischenden Schmeicheleien des (wie sich herausstellte externen und damit von uns und nicht vom Geldinstitut bezahlten) Mitarbeiters, die graukopierte, leicht staubige Luft, das nüchternkalte Neonlicht – das alles verursachte in mir eine ordentliche Portion Unwohlsein. Eine Stunde, einen Berg Papier, zahllose Fragezeichen über meinem rauchenden Kopf und ebenso zahllose Erklärungsversuche des Beraters später verließ ich das Büro mit den ersten neuen Vokabeln und der Erkenntnis, dass es nicht reichen würde, die rechnerischen Komponenten des Darlehens zu verstehen. Die eigene Sprache bekommt man dazuserviert, ob man will oder nicht.
Nach einem Monat, vielen vielen Stunden Recherche und noch mehreren Terminen in kleinen grauen Räumen hatte ich dann zwar immer noch zahllose Fragen, war aber zumindest in der Lage, diese im richtigen Jargon zu formulieren. Tilgungssatz, Zuteilung, Vorfälligkeitsentschädigung, annuitätisch und endfällig waren längst keine Fremdwörter mehr für mich. Ich verstand den Unterschied zwischen Sondertilgung und Sonderzahlung.
Ich fühlte mich wie eine Superheldin. Ich hatte das Tor zu einer neuen Welt aufgestoßen. Zu einer gräulich-blassen Welt, in der es nach Kopierer roch. Nun ja, mein Superheldendasein reichte, um den erstaunlich dicken Stapel Seiten des Darlehensvertrags vor dem Unterschreiben zu verstehen. Und dann hielt ich die Luft an, zog ich mich auf leisen Sohlen unbemerkt wieder zurück und ließ das Tor ganz langsam und vorsichtig wieder zufallen.
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